Wieder auf dem Weg

Gestartet bin ich am 9.4. in Esterwegen. Meine Tante „Hannelore“ erwartete mich bereits am Bahnhof in Papenburg, um zusammen mit mir nach Esterwegen zu fahren. Vielleicht erinnerst Du Dich, daß in Esterwegen mein Großvater (ihr Vater) für 9 Monate im KZ war. Wir haben uns dort ausführlich umgesehen. Diesmal, anders als im Oktober mit meinen Eltern, konnte das Gelände begangen werden. Auf den Teilen des Geländes, auf dem früher die Baracken der Inhaftierten standen, wurden die Bäume, die dort zwischenzeitlich gewachsen waren stehengelassen und zu den Umrissen der Baracken wurden zursätzlich kleine Buchen gepflanzt. Ein schönes Zeichen der Hoffnung, besser, als die Baracken wieder aufzubauen. Die Gedenkstätte ich gewachsen, es wurden an den 4 Ecken des Geländes die Mauern in Stahl nachgebildet, auch die Wachtürme in der damaligen Höhe als Stahlschatten nachgebildet. Der Eingangsbereich, ein vorher 7 Meter hohes Tor, wurde jetzt durch ebenfalls eine Stahlwand dargestellt/nachempfunden.

10.4.
Mein Fuß schmerzt. Rechts unten zwischen Ferse und Spann ist ein enormer, gespannter, gehaltener Schmerz – der bis heute (12.4.) sich noch nicht verdünnisiert hat. 
Am Abend nimmt mich Wilhelm in sein Zuhause auf. Seine Eltern sind gestorben und so bewohnt er das riesige Gebäude alleine. Er hat eine Schweinezucht (1000) und Bullenzucht (100), bewirtschaftet alles alleine mit nur einer zusätzlichen 400 € Kraft. Eine Biogasanlage wird mit Abfällen bewirtschaftet (auch jede Menge Schlachtabfälle werden hier zu Strom genutzt) eine weitere ist in Bau – soll mit Mais und Getreide bewirtschaftet werden.

Am 11.4. komme ich durch die Wüstung Wahn. Ein Ort, damals 800 Einwohner, die prächtige Kirche war gerade fertiggestellt, wurde 1937 – 1942 von den Nazis plattgemacht. Die Bewohner wurden umgesiedelt, weil Krupp hier ein weites Gelände für das Testen von Munition brauchte. Überall sind Gedenkschilder aufgestellt, die Familien und die Nachbargemeinden haben hier den Ort als Erinnerung geweckt. Eine damalige Hecke ist jetzt eine stattliche Buchenwand. Auf ca. 1 Meter Höhe sind die einzelnen Bäume aufs merkwürdigste zusammengewachsen, umarmen sich oder bilden kleine 50 cm hohe Tore. In der ganzen Gegend herrscht eine wunderbare herzliche Stimmung. Das muss ein sehr schönes Örtchen gewesen sein, in der sich die Bewohner richtig wohlgefühlt haben.
Später streife ich durch ein Schiessgelände der Bundeswehr. Wenn geschossen wird, werden hier die Schranken geschlossen, und doch lande ich nach durchlaufen des Heidegeländes vor einem Schlagbaum. O.k. Umweg laufen. Mein Tag endet leider nicht in Lathen, wie geplant, sondern die Unterkunftssuche gestaltet sich schwierig und ich lande 2 Orte weiter in einem Pferdehof, werde dort gerne aufgenommen – hier haben bis zum Morgen 60 pubertierende Mädels und vielleicht 2-5 Jungen (für die Quote) gehaust. Der Hausherr überläßt mir das ganze Gebäude, im Kühlschrank ist noch etwas Brot, Magarine, Frischkäse und ich finde noch ein paar Ostereier. Einen Teekocher gibt es auch. Ein Glück, weil ich habe nichts mehr….

Heute, jetzt bin ich in Haren/Ems. Es beherbert einen stattlichen Dom. Ein freundliches Städtchen.

Mitunter frage ich mich, warum ich diese Friedenspilgerreise überhaupt tue. Was es denn sonst sein könnte, was ich tun könnte? Wenn ich mich das frage, fällt mir nicht wirklich was ein. Also bin ich wahrscheinlich doch auf dem richtigen Weg.
HerzGrüße
Thomas

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