Sisian und das Hochland

und was davor war:-)

Liebe Freunde:

Manchmal bin ich unterwegs – alleine – und schreibe schon innerlich einen neuen blog-Eintrag. Beim Laufen ist es manchmal so schoen ausgemalt – und dann, komme ich irgendwo an, hab endlich die Moeglichkeit, alles zu schreiben und in den blog zu stellen, und dann sind die schoenen Formulierungen dahin, verflossen.
Manchmal gibt es dann nur kurze Zusammenfassungen…..

Die ArmenierInnen gefallen mir sehr gut. Es ist ein altes Volk, das viel Weisheit im Laufe der Jahrtausende gesammelt hat. Aus den Menschen stroemt dann so eine feine weise Herzschwingung, oder einfach nur Vibration.
Ihr wisst vielleicht nicht, oder doch von einem Voelkermord der Tuerken an den Armeniern, 1,5 Millionen Opfer, der sich naechstes Jahr das 100. mal jaehrt. Elisabeth aus Worpswede hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, das der deutsch-tuerkische Regisseur Fatih Akin einen neuen Film in Deutschland in den Kinos zeigt, genau ueber dieses Thema. Der Titel: The Cut!!!  Dieses Thema ist in der Tuerkei immer noch ein Tabu, aber vielleicht macht Akin es mit diesem Film moeglich, dass hier eine neue Diskussion entsteht.
Bisher, von aussen betrachtet, hab ich gedacht, die Armenier sind bezueglich dieses Themas etwas stur, eng stur, aber inzwischen glaube ich mehr, sie sind eher „stark“!!! Die Grenzen zur Tuerkei sind weiterhin geschlossen, sie koennen zwar in die Tuerkei und die Tuerken nach Armenien, aber nur ueber Georgien. Die Armenier wollen, dass sich die Tuerken entschuldigen.
Zudem gibt es einen Konflikt mit Azerbaijan!!
Zuletzt traf ich in Gorhayk auf eine Familie, wo alle Kinder studieren oder studieren wollen. Zwei Toechter studieren bereits Geschichte und Geographie, die dritte Tochter, Virgin, will Diplomatie studieren, der noch juengere Sohn will Arzt werden. Virgin hat sich vorgenommen,  jetzt 17, das Thema um den Genozid aufzuarbeiten und als Diplomatin dahingehend aktiv zu werden.
Wichtig, wichtig, Kommunikation, Kommunikation um weitere Eskalation, wie mit Azerbaijan zu vermeiden/wichtig in Bezug auf den Genozid Kommunikation in Gang zu setzen, Vergebung und Heilung zu ermoeglichen.
Damit wir alle in Frieden gemeinsam eine bessere Zukunft haben.

Ein paar Tage vorher, in Ararat, ganz nah bei dem 5165m Berg, und seinem Bruder 3900m hoch, der aber nun auf tuerkischem Territorium liegt, treffe ich Karine und ihre Familie. Sie ist selbststaendige Englischlehrerin, ihre Mutter hat die Familie immer wieder geimpft, Englisch zu lernen. Auch die Enkel werden mit kleinen Englisch-Filmchen getrimmt. Richtig nett bei ihnen und sie wollen mich gerne etwas laenger da behalten, lassen sich ein paar Spielchen einfallen, aber ich kann einfach nicht, der kleine Eingangsraum ist mir einfach zu tumultig. Karine ist ein wenig ‚traurig‘ deshalb, aber wir bleiben natuerlich in Kontakt. Meine Waesche hab ich dort gewaschen…..

In Areni lasse ich mich von all den Marktfrauen am Strassenrand auf einen Kaffee, 100 m weiter auf einen Apfel, eine Brotzeit, einen Tee, Weintrauben etc einladen. In einer Weinkellerei treffe ich auf Vladimir, jetzt Touristenfuehrer mit 3 Amis im Schlepptau. Er vermittelt mich fuer eine Nacht zu Helen und Baregh, seinem Cousin. Areni ist sehr beeindruckend fuer mich. Ich sms-se einigen Freunden: Jedes gelbe Herbstblatt spricht im goldgelben Licht mit meinem Herzen. Die Kombination von Sonne, Herbst, Fruechten, Gemuese, Nuessen und Wein spricht farbenfroh zu meiner Seele, wie Juwelen leuchten.

Vor Vayk haelt ein Autofahrer neben mir an, es ist Grigor (siehe Foto auf facebook steppps-peacewalk), einer jener Armenier, die diese wunderbare zarte Vibration aus ihren Seelen verspruehen. Er ist erst 23 Jahre und leitet eine Teeproduktion. Die bio Kraeuter werden in den umliegenden Bergen gesammelt, getrocknet, verpackt und meisst in Russland von seinem Onkel, dem die Firma gehoert, vermarktet. Er ist mit seinem ganzen Herzblut dabei, liebt dieses Land und diese Arbeit. Die meist Arbeiterinnen, gesteht er mir, verdienen aber nur etwa 200 Dollar im Monat (6 Tage die Woche a 8 Stunden Arbeit) Es sind ungefaehr 15 Angestellte, dazu kommen die ganzen Sammlerinnen aus den Doerfern. Ich werde mit reichlich Tee fuer die naechsten 3 Monate versorgt.
Am naechsten Tag fahren wir zu einem Kloster, besuchen eine Messe gemeinsam.
Auf die Kloester sind alle, alle Armenier mit ihrer Kultur unglaublich stolz. Es gibt wunderbare Steinmetzarbeiten an den Kloestern, Kirchen aber auch sonst im Land, derer Ausstrahlung und filigraner Arbeit, oft an Kreuzen in Steinmetzarbeit, kein Besucher dieses Landes vorbeikommt. Ich liebe diese Kreuze inzwischen sehr.

Auch haben die Armenier immer wieder Geschichten auf Lager, die untermauern, wie historisch dieses Land ist, voller Legenden, voller Geschichte angefuellt mit Seele und Liebe.

Auch in Vayk und Umgebung gibt es diese Faszination des goldenen Ernte-Herbstes!!!!

Ich treffe nach einem 2300 Pass fast im Schnee, leichter Eisregen, einen franzoesischen Farradfahrer, Jack, seit einigen Jahren in der Welt unterwegs, jetzt bald – in 8 Monaten – zurueck in Frankreich. Dort will er in der Bretagne eine Ecocommune aufbauen. Ich soll ihn, wenn ich zurueck bin besuchen. Vielleicht ist das ja auch was fuer Magdalena und Paulin – Paulin wohnt dort in der Naehe und die beiden suchen noch das Passende!!!!
So schoen diese Begegnungen auch sind, find ich es manchmal schade, wie kurz sie sind….. Kein warmer Raum in der Naehe, so verabschieden wir uns nach vielleicht einer dreiviertelstunde in zugiger Gebirgsluft.

So, nun geht es morgen nach 3 Tagen Pause in Sisian, weiter. Weiter Richtung Grenze zum Iran, nur noch 200 km und ein paar Paesse entfernt, der letzte 2.500 Meter hoch. Der Winter ist eingezogen, hat die Berge drumherum, manchmal herunter bis auf die Dorfhoehe eingeschneit. Die Strassen und Doerfer sind aber nur leicht bezuckert. Letzte Nacht sollte es noch mal richtig schneien, hat aber ’nur‘ bis minus 10 Grad gefroren. Die Sonne ist draussen und so soll es nach Wetterbericht auch bleiben.

Alles Liebe

Thomas

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