FriedensWalk in Antakya

Thomas schreibt:

Heute 15 Uhr
Friedens-Stadtpilgern in Antakya
Treffpunkt vor dem Antik Grand Hotel

Seitdem wir hier eingetroffen waren, spürten wir, das wir hier gerne etwas organisieren sollen – für den Frieden.
Inzwischen sind ja bekannterweise Magdalena und Paulin nicht mehr da – so sehe ich mich alleine vor die Aufgabe gestellt.

Erdal, der uns/mich immer wieder motiviert, hatte aber bisher auch noch nichts auf die Beine gestellt. Alles war mehr nur verbal erfolgt.

Gestern abend hab ich mit ihm entschieden, heute eine Stadtfriedenspilgerei zu veranstalten. 1 Stunde lang.

Die Menschen hier in Antakya leiden darunter, dass sie sich nicht öffentlich aeussern können. Naja, sie können schon, aber mit der ziemlichen Wahrscheinlichkeit, dass am Ende der genehmigten Demonstration, die hier momentan taeglich stattfindet – man in den zweifelhaften ‚Genuss‘ einer Schlacht mit Wasserwerfern und Traenengas kommt. Im Wasser sind eine Art Pfefferspray beigemischt, dass bei einem Treffer auf der Haut heftige Reizungen verursacht. Und das Traenengas wird gerne (man muss es fast vermuten) extra auf die Demonstranten gefeuert. Da sind hier in Antakya, Ankara und Istanbul, so wie ich vernehme, 6 Menschen ums Leben gekommen. Angeblich sind meisst die Demonstranten Schuld.

Auch Pinoccios Nasen sind gerne bei der Polizei unterwegs, wie wir am eigenen Laib erfahren haben, um unschuldigen Menschen etwas vorwerfen zu können. Ein Demonstrant, der sich auch nicht mehr verbal aeussern durfte, stellte sich einfach stillstehend und schweigend in Istanbul auf den Taxim-Platz, wonach er in der ganzen Türkei bekannt wurde, vielleicht auch in Deutschland, worauf ein Gesetz erlassen wurde, wonach eben dieses Still-Stehen auch verboten wurde.
Ich habe inzwischen so viele Geschichten gehört, das es nun taeglich allen immer offensichtlicher wird, das da was gar nicht stimmt.

In ihrer Verzweiflung gegen das System von Ministerpraesident Erdoğan, werden zum Beispiel öffentliche Treppen bunt in Regenbogenfarben angemalt, von der Regierung gerne schnell wieder grau übergepinselt.

So werden einfach immer mehr Menschen eingeschüchtert, sich nicht öffentlich zu aeussern. Versammlungen muessen auch genehmigt werden, selbst wenn sie in einem kleine Saal stattfinden. Die Polizei will halt alles wissen.

Jetzt wollen wir einfach für den Frieden hier ein Stadtpilgern heute durchführen. Wahrscheinlich sind wir nur 2 oder 3, aber das macht auch nix. Wir werden schweigend achtsam durch die Stadt gehen, wie schon in Istanbul im Februar. Vielleicht wiederholen wir dies spaeter noch mal.
Hierbei geht es nicht um eine Demonstration. Wir wollen in uns Frieden produzieren und mit unserem achtsamen Gehen ein Puzzlesteinchen dazu beitragen, dass sich hier echter Frieden ausbreiten kann, innen und aussen. Auch dahingehend, dass hier viele Menschen Angst haben, das etwas von dem Syrien-Krieg in diese Gegend überschwappen kann.

Herz
Thomas

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