Bruno´s Bericht

Bruno war letztes Wochenende mitgepilgert:

Thomas wartet am Bahnhof in Spitz auf mich.
Vor einem Jahr etwa habe wir uns im Intersein Zentrum in Hohenau. kennengelernt und dort auch zuletzt gesehen.
So gibt es einiges zu sprechen, auch worauf wir beim Friedenspilgern achten wollen.
Wir falten unsere Hände, sehen uns in die Augen, verneigen uns und gehen dann im Schweigen in den Ort hinein. Die Strasse ist mit buckligen, grauen Donausteinen gepflastert.

Auf unsere Frage nach Übernachtungsmöglichkeit bekommen wir die Empfehlung, es doch im Pfarrhof zu versuchen:
Herr Pfarrer Gugler ist zu Anfang misstrauisch und zögert, doch er holt Erkundigungen ein und die telefonische Auskunft einer Dame, bei der Thomas vor einigen Tagen übernachtete, überzeugen ihn schließlich, uns aufzunehmen und zu bewirten.
Wir schlafen in dem schlossartigen, barocken Pfarrhof in einem schönen
Raum mit Klavier und beim Abendessen und Frühstück gibt es ein gutes Gespräch.
Die größte Sorge ist, ob es einen Nachfolger geben wird, wenn Pfarrer Gugler in Pension geht?

Am Morgen bevor wir losgehen, müssen wir uns um Schuhe kümmern!
Thomas Sandalen lösen sich auf.
Wir finden tatsächlich einen hilfsbereiten Schuster, der sich sofort der Sache annimmt und in einer Stunde die Schuhe repariert.
Wir erfahren: der fröhliche Mann klopft nicht nur mit dem Hämmerchen auf Ledersohlen: er bedient mit großer Freude in einer Dixieland-Band das Schlagzeug!

Dann nach dem Einkauf – eine Verbeugung – und wir gehen im Schweigen mit achtsamen Schritten an der Donau am Treppelweg stromabwärts.. Richtung Burma!

Burma… dieses Wort wird zu einem magischen Wort für mich.
Es sprengt jede Dimension, kann alltägliche Sorgen einfach wegwischen,
schafft Gelassenheit und Gleichmut.
Jeder Schritt ..  ein Schritt näher zu Burma, Tibet und Indien!
Auch wenn mein Rahmen nur diese beiden Tage sind, spüre ich wie bei dem Gedanken dieser langen Reise sich mein Geist weitet.

Wir machen Piknik am Flussufer, bereiten gemeinsam ein köstliches Müsli mit Früchten zu.
Schau ich auf den Strom, erinnert er mich an den Ganges, den ich vor kurzem auf meiner Indienreise sehen konnte.
Ich frage nicht lange und erkläre die Donau zum „heiligen Fluss Donau“.
Ich verneige mich vor ihr und grüsse sie dankbar, schöpfe ihr Wasser mit meinen Händen und berühre und benetze mich damit.
Wodurch wird ein Fluss zu einem heiliger Fluss?
Durch die Verehrung der Menschen denke ich und  lehrt nicht  jeder Fluss,
die Botschaft von unaufhörlicher Veränderung und von Kreislauf, Verwandlung und Wiederkehr?

In Weissenkirchen kann ich Thomas den „Götterweg“ zeigen. Ich hab ihn so benannt. Er erinnert mich an einen Weg dieses Namens in Italien.
Der Weg führt in der Höhe am Hang entlang durch Terassen von Weingärten in Richtung Dürnstein.

Als Neuling im Friedenspilgern bemerke ich immer wieder, wie meine Gedanken abschweifen, wie ich die Landschaft betrachte: was ich sehe als schön oder weniger schön einstufe und kommentieren möchte.
Und mich schließlich besinne: auf den Atem: Einatmen.. Ausatmen!
..Die Füsse spüre auf dem Boden.. die feste Erde bewusst wahrnehme
und im Augenblick bin… und Frieden denken kann.

Thomas erinnert mich sanft daran, mit Worten oder einfach wie ich ihn neben mir gehen erlebe.
Es ist wichtig für mich von ihm zu hören, wie er sich beim stillen Gehen mit Menschen verbindet: den Gastgebern, den vielen Freunden und Sponsoren, die in Gedanken seinen Weg verfolgen und in Gedanken mitgehen… jenen die vor kurzem schon mitgegangen sind… und .. und… nicht zuletzt mit mir!

Wir sind dann eine große Schar, die da geht! Wie schön!

Ich spiele mit dem Gedanken und finde .. jene Menschen, die die Wege gebaut haben.. die unser Essen angebaut und geerntet haben…
Am Treppelweg denke ich an die Pferde, die die Kähne stromaufwärts gezogen haben! .. Ich bin, weil sie sind und sie waren!
So entsteht Verbundenheit.

Das ist es, woran ich mich in den zwei Tagen öfter erinnern werde
und dieses Umdenken lässt mein Herz weit werden: Es tut sehr gut.

Und immer wieder auch…Blätter schmecken, Bäume umarmen, Blumen riechen.

Dieses Wochenende ist ein „verlängertes“, die Wettervorhersage ist bestens, die Quartiere sind alle besetzt! „Kein Zimmer frei“, hören wir diese Tage oft.
Gut für die Vermieter. Wir können uns für sie freuen.
Wir selbst sind optimistisch etwas zu bekommen! Es ist noch lange hell.

Wir erreichen gegen Abend das historische Dürnstein.
Unser Anklopfen und Fragen hat keinen Erfolg.
Es sieht so aus, als ob wir uns im besten Hotel des Ortes – ohne Scheu vor den zahlreichen Sternen – bewerben sollen!
Ich halte fast den Atem an, als Thomas sich vorstellt und freundlich unsere Bitte dem Hotelbesitzer vorträgt. Ein kurzer Dialog und ich höre ihn  zu seiner Angestellten sagen: „Dreiunddreißig!“… und wir sind Gäste des Hauses!
Ich muss an ein Märchen denken.

Das Zimmer 33 hat Aussicht auf den Donaustrom.
Der Fluss glänzt im Abendlicht…Amseln singen ihr Abendlied…
Thomas „tönt“ aus dem Bad: er lässt  die Wanne ein und ruht darin ausgiebig.

Am Morgen: die Glocken! Sonntag!
Wir stehen still und sind ganz im Hier und Jetzt.

Soo viele Gänge hat unser Frühstück auf der Terasse!

Als wir gehen fühle ich große Dankbarkeit.
Ich bin gerührt Großzügigkeit zu erleben.
Ich erkenne mehr und mehr die Bedeutung dieser abendlichen Herbergsuche mit der Frage nach einem kostenlosen Quartier und Speis und Trank.
Darin liegt Bedeutung für beide Seiten: den Gastgeber und den Pilger.

So übergebe ich an der Rezeption – gerne und überzeugt – „den Stein“,
den ich gestern am Weg ausgewählt und mitgetragen hatte, mit unserem herzlichen Danke schön!

Wir überqueren die „heilige“ Donau in Mautern.
Was gibt es jetzt schöneres als ein Bad im Fluss?
An dem Kiesstrand unter den hohen Pappeln sind wir in der Sonne ganz alleine. Aus dem kühlen Wasser kommend ist es herrlich am warmen Kies zu trocknen.

Ich habe mir von  Thomas gewünscht gemeinsam zu Tönen,
dazu ist jetzt die beste Gelegenheit.
Ich habe die Augen dabei gerne geschlossen und bin sehr bei und in meinem Körper: singe für meine Schulter, für die Hände, die Beine…
Es ist wie ein Dialog unterschiedlicher Töne und Rythmen mit ihnen…
und verbindet sich mit dem Gesang von Thomas und jenem des Flusses und
des Vogels über uns.

Ich versuche gleich in der U-Bahn weiterzumachen, Friede zu denken, zu atmen.

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